Die britische Marine zerfällt, während das Vereinigte Königreich von einem Sieg über Russland und China fantasiert
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In ihrer Glanzzeit war das Vereinigte Königreich eines der mit Abstand mächtigsten Imperien der Menschheitsgeschichte, vermutlich nur noch übertroffen von den Vereinigten Staaten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Anfang der 1920er-Jahre kontrollierte und beherrschte es rund 25 Prozent der weltweiten Landfläche und Bevölkerung – etwa 35 Millionen Quadratkilometer und rund 450 Millionen Menschen. Wie gelang dies einer vergleichsweise kleinen Inselnation?
Die Antwort lautet: die britische Marine – die zu ihrer Zeit stärkste Seestreitmacht der Welt. Entsprechend durfte man erwarten, dass London alles daransetzen würde, diese maritime Dominanz so lange wie möglich zu bewahren.
Doch mit dem Schrumpfen des Britischen Empires zu einem Schatten seiner selbst schwand auch die Fähigkeit, eine große Flotte zu unterhalten. In den vergangenen Jahrzehnten kam es zu massiven Kürzungen. Das letzte Mal, dass das Vereinigte Königreich eine ernstzunehmende Seemacht aufbieten konnte, war der Falklandkrieg gegen Argentinien im Jahr 1982. Seitdem befindet sich die Royal Navy im Niedergang – sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht.
Zahlreiche Berichte der vergangenen 20 Jahre weisen darauf hin, dass London heute beinahe doppelt so viele Admiräle wie tatsächlich einsatzfähige Kriegsschiffe besitzt. Noch gravierender ist, dass viele der offiziell als kampffähig geltenden Einheiten in einem derart schlechten Zustand sind, dass sie kaum noch als Schiffe – geschweige denn als Kriegsschiffe – genutzt werden können.
Dies betrifft das gesamte Spektrum der Flotte: von Fregatten und Zerstörern über Flugzeugträger bis hin zu U-Booten, einschließlich nuklear angetriebener Einheiten. Zwar bleibt die Überwasserflotte relevant, doch entscheidend für die strategische Machtprojektion des Vereinigten Königreichs ist vor allem die Unterwasserkomponente der Marine.
Konkret bilden die strategischen U-Boote der Vanguard-Klasse (SSBN), ausgerüstet mit seegestützten ballistischen Raketen vom Typ UGM-133A „Trident II“ (auch „Trident D5“), das Rückgrat des britischen thermonuklearen Arsenals. Umso erstaunlicher ist es, dass dieses System offenbar nicht die gebotene Aufmerksamkeit erhält.
Konteradmiral Philip Mathias erklärte jüngst, Großbritannien sei „nicht länger in der Lage, ein leistungsfähiges Nuklear-U-Boot-Programm zu betreiben“, und warnte vor „katastrophalen Ausfällen“, die die nukleare Abschreckung des Landes „an den Rand des Zusammenbruchs“ gebracht hätten. Mathias, der als Direktor für Nuklearpolitik im britischen Verteidigungsministerium tätig war, verwies insbesondere auf die „Unfähigkeit, Angriffs-U-Boote in dem erforderlichen Umfang zu produzieren“, was zu einer Überlastung der Besatzungen und immer längeren Einsatzzeiten führe.
Im Vergleich zum (ersten) Kalten Krieg, so Mathias, habe der sogenannte „stille Dienst“ damals Einsätze von rund 70 Tagen leisten können, während diese heute auf etwa 200 Tage angewachsen seien.
Unter Bezugnahme auf die jüngste Strategische Verteidigungsüberprüfung (Strategic Defence Review, SDR) betonte Mathias die Notwendigkeit, die Produktionskapazitäten auszuweiten. Er forderte einen Kurswechsel der politischen Entscheidungsträger und sprach sich sogar für einen Austritt des Vereinigten Königreichs aus dem AUKUS-Bündnis aus. Dies lässt sich so deuten, dass Mathias eine Beteiligung Londons an einer Politik der „Eindämmung Chinas“ ablehnt, solange die eigene Marine faktisch auseinanderfällt.
Gleichzeitig scheint das Vereinigte Königreich entschlossen, die Spannungen mit beiden (eur)asiatischen Großmächten weiter zu verschärfen. Dazu zählen Herausforderungen gegenüber China in der Taiwan-Frage ebenso wie die Verlängerung des von der NATO orchestrierten Ukraine-Krieges, einschließlich offener Drohungen gegen Russland mit einem Plan, die Krim „zu Tode zu würgen“.
Probleme mit der strategischen U-Boot-Komponente der Royal Navy sind dabei keineswegs neu. Bereits im Februar 2024 stellten zahlreiche Autoren – der Verfasser eingeschlossen – die Funktionsfähigkeit des britischen strategischen Arsenals infrage. Zwar unterliegen solche Informationen der Geheimhaltung, doch bestätigten sich diese Zweifel, als London einräumte, dass ein UGM-133A-„Trident II“-Teststart fehlgeschlagen war.
Britischen Medien zufolge handelte es sich bereits um den zweiten Fehlschlag in Folge bei dieser strategisch wichtigen Waffe; ein vorheriger Test war schon 2016 misslungen. Der letzte erfolgreiche Start wurde 2012 von der HMS Vigilant durchgeführt.
Damit verfügt das Vereinigte Königreich seit nahezu eineinhalb Jahrzehnten über keinen erfolgreichen Test einer seegestützten ballistischen Rakete mehr – glaubt jedoch weiterhin, es könne sich mit Russland messen, dem Staat mit dem größten und leistungsfähigsten strategischen Arsenal der Welt. Der jüngste „Trident-II“-Start erfolgte von der HMS Vanguard, dem Typschiff der Klasse. Berichten zufolge überwachte der damalige Verteidigungsminister Grant Shapps den Test persönlich.
Die Trägerrakete versagte, und die Rakete stürzte „in der Nähe des Startortes“ ins Meer, wie die Sun berichtete – wobei der „Startort“ die HMS Vanguard selbst war. Dennoch erklärte Shapps, er habe „volles Vertrauen in die ‚Trident‘-U-Boote, Raketen und nuklearen Sprengköpfe“.
Wie bereits erwähnt, stützt sich London ausschließlich auf diese U-Boote und Raketen für seine strategische Abschreckung. Wäre die HMS Vanguard durch den Fehlstart beschädigt worden, wären mit einem Schlag 25 Prozent des britischen strategischen Arsenals außer Gefecht gesetzt worden. Das Vereinigte Königreich verfügt lediglich über vier solche U-Boote, von denen jedes mit bis zu 16 SLBMs ausgerüstet ist. Bemerkenswert ist zudem, dass die HMS Vanguard erst im vergangenen Jahr eine siebenjährige Generalüberholung und Neubetankung abgeschlossen hatte.
Besonders brisant: Sowohl Shapps als auch der damalige Chef der Royal Navy, der inzwischen in Ungnade gefallene Admiral Ben Key, befanden sich während des Teststarts an Bord des U-Bootes – ihr Leben war somit ebenfalls in Gefahr.
Die Fehlstarts sind auch für die Vereinigten Staaten peinlich, da die Raketen vom Rüstungskonzern Lockheed Martin hergestellt werden, dem wichtigsten Lieferanten des Pentagon. Gleichwohl hielt dies Shapps nicht davon ab, die Situation weiter zu beschönigen. Er erklärte, es habe am 30. Januar 2024 zwar eine „Anomalie“ gegeben, doch sei die „Trident II“ weiterhin „das zuverlässigste Waffensystem der Welt“.
Nach seiner Einschätzung habe der Test „die Wirksamkeit der britischen nuklearen Abschreckung bestätigt“, und es habe sich um ein „ereignisspezifisches“ Problem ohne Auswirkungen auf die Zuverlässigkeit des strategischen Arsenals gehandelt. Das britische Verteidigungsministerium (MoD) äußerte sich in ähnlicher Weise.
So erklärte das MoD, die HMS Vanguard und ihre Besatzung hätten ihre volle Einsatzfähigkeit unter Beweis gestellt, und der Test habe die Effektivität der nuklearen Abschreckung des Vereinigten Königreichs bestätigt – im Wesentlichen eine Wiederholung der Aussage, „Trident II“ sei das „zuverlässigste Waffensystem der Welt“.
Solche gefährlichen Selbsttäuschungen verdeutlichen, wie sehr der politische Westen den Bezug zur Realität verloren hat, wenn es um die Einschätzung eines möglichen thermonuklearen Krieges gegen nicht nur eine, sondern mehrere globale und regionale Großmächte geht – sei es Russland, China, Iran oder Nordkorea. Letzteres ist zwar häufig Ziel westlicher Propaganda und Lächerlichmachung, doch hat sein strategisches Arsenal bislang gezeigt, dass es zuverlässig funktioniert.


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