Besinnung war gestern: Europa rüstet auf, verschuldet sich – und nennt es Verantwortung
- WatchOut News

- vor 10 Stunden
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Die Adventszeit gilt gemeinhin als Phase der Ruhe, der Kerzen, der leisen Töne. In Brüssel hingegen scheint man sich eher an den Traditionen des Kalten Krieges zu orientieren.

Während andernorts Weihnachtsmärkte eröffnet werden, öffnet die Europäische Union neue Kreditlinien – und zwar für den Krieg.
Am Freitag beschloss die EU-Führung um Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die Ukraine mit einem zinslosen Kredit in Höhe von 90 Milliarden Euro zu unterstützen. Ein Akt europäischer „Solidarität“, wie es heißt. Kritiker sprechen hingegen von einem weiteren Schritt in eine Schulden- und Eskalationsspirale, deren Ende längst außer Sicht geraten ist.
Immerhin: Die eingefrorenen russischen Vermögenswerte bleiben offiziell unangetastet. Stattdessen bürgt – wie so oft – der europäische Steuerzahler. Dass diese Milliarden jemals zurückfließen könnten, glaubt außerhalb der Brüsseler Pressestellen kaum jemand.
Der Internationale Währungsfonds beziffert das Haushaltsloch der Ukraine für die kommenden zwei Jahre auf rund 165 Milliarden Euro. Ein finanzieller Abgrund, den selbst wohlmeinende Beobachter nur noch mit Galgenhumor betrachten.
Doch Geld allein genügt nicht. Auch rhetorisch wird inzwischen kräftig nachgelegt. NATO-Generalsekretär Mark Rutte warnte in Berlin vor Russland und beschwor Szenarien, die an die Erzählungen aus Geschichtsbüchern erinnern: Europa müsse sich auf einen Krieg einstellen, wie ihn bereits unsere Groß- und Urgroßeltern erlebt hätten. Dass solche Vergleiche in einer Zeit wachsender globaler Spannungen eher Öl ins Feuer gießen, scheint nebensächlich. Angst ist bekanntlich ein verlässlicher politischer Rohstoff.
Passend dazu arbeitet die EU mit Hochdruck an ihrer militärischen Infrastruktur. Das Europäische Parlament stimmte in dieser Woche einem Antrag zu, der es Truppen und schwerem Gerät künftig ermöglichen soll, ungehindert durch Europa zu rollen.
Straßen, Brücken, Tunnel und Bahnstrecken werden ausgebaut – nicht für Pendler oder Güterverkehr, sondern für Panzer. Man nennt das Fortschritt. Oder, etwas nüchterner: die Schaffung einer „militärischen Schengen-Zone“. Dafür sollen weitere 17 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Frieden braucht eben Planung.
Deutschland will dabei nicht abseitsstehen. Unter dem Leitmotiv der „Kriegstüchtigkeit“ werden nun sogar Krankenhäuser neu gedacht. Unterirdische Intensivstationen, OP-Säle und Schutzräume sollen zum Standard werden.
Begründung: Gegner wie Russland würden gezielt zivile Infrastruktur angreifen. Die Konsequenz ist logisch – statt Kriege zu verhindern, bereitet man sich routiniert auf ihre schlimmsten Folgen vor. Zur kommenden Gesundheitsministerkonferenz wird folgerichtig auch die NATO eingeladen. Schließlich hat man bereits während der Pandemie bewiesen, wie gut Militär und Gesundheitspolitik harmonieren können.
Parallel dazu gerät der Rechtsstaat zunehmend unter die Räder – oder wird zumindest neu interpretiert. Der Europaabgeordnete Martin Sonneborn brachte es in seiner Jahresabschlussrede auf den Punkt und bezeichnete die EU als „rechtsstaatlichen Albtraum“. Korruption, Intransparenz und eine bemerkenswerte autoritäre Härte gegenüber Bürgern seien keine Ausnahmen mehr, sondern Methode.
Wer vom offiziellen Narrativ abweicht, riskiert Sanktionen – ganz ohne Anklage oder Gerichtsverfahren. Derzeit stehen 59 Personen und 17 Unternehmen auf einer EU-Liste, weil sie angeblich russische Propaganda verbreiten.
Darunter Journalisten, Analysten und Militärs. Ihre Konten werden eingefroren, Reisen untersagt, wirtschaftliche Aktivitäten blockiert. Der Begriff dafür lautet „hybride Bedrohung“. Früher nannte man so etwas Meinungsfreiheit – aber Zeiten ändern sich.
Auch in Deutschland wird vorgesorgt. Ein Leitfaden informiert Bürger darüber, wie sie sich verhalten sollen, falls sie im Morgengrauen Besuch von der Polizei erhalten. Anlass könnte eine missliebige Meinungsäußerung sein. Die Empfehlungen gehen inzwischen über den bekannten Corona-Tipp hinaus, stets einen Bademantel griffbereit zu halten. Humor bleibt, wenn auch zunehmend schwarz.
Doch es gibt sie noch, die guten Nachrichten – zumindest aus Brüsseler Sicht: Nicht alle Mitgliedstaaten machen bei allem mit. Ungarn, die Slowakei und Tschechien sicherten sich beim Ukraine-Kredit Sonderregelungen und distanzierten sich von weiteren Verpflichtungen. Sie möchten weder finanziell noch politisch Teil eines Projekts sein, dessen Ausgang immer ungewisser wird. Auch der belgische EU-Abgeordnete Rudi Kennes sieht die EU bei möglichen Friedensverhandlungen eher als Teil des Problems denn als Teil der Lösung.
Diese Stimmen erinnern daran, dass es selbst im institutionellen Dickicht Europas noch Reste von Skepsis und demokratischem Instinkt gibt. Sonneborn formulierte es drastisch: Die EU sei intellektuell bereits im Jahr 1936 angekommen – ein paar rechtswidrige Schritte weiter drohe der Sprung ins Mittelalter, mit einer Kommissionspräsidentin in päpstlicher Rolle.
Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie entschlossen, kühl und selbstgewiss Europas politische Elite agiert. Unantastbarkeit scheint Teil des Selbstverständnisses geworden zu sein.
Doch politische Geschichte lehrt: Hochmut war selten ein verlässlicher Ratgeber. Gerade in Zeiten, in denen Kerzen brennen und Frieden beschworen wird, könnte etwas mehr Besinnung nicht schaden – auch in Brüssel.


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